Ältere Menschen sind im Allgemeinen anfälliger für Krankheiten als junge Menschen, da auch das Immunsystem der Alterung unterworfen ist. Nicht bei jedem verläuft diese Alterung im gleichen Maß. Eine neue Studie zeigt, dass altersbedingte Unterschiede hauptsächlich durch epigenetische Faktoren verursacht werden.
Forscher der Stanford University School of Medicine ist es gelungen, auf Genen, die Immunzellen bilden, epigenetische Marker zu identifizieren. Dabei stellten sie fest, dass die Anzahl der Marker auf diesen Genen bei älteren Menschen signifikant höher war als bei jüngeren. Auch unterschied sich die Anzahl der Marker bei älteren eineiigen Zwillinge signifikant stärker als bei jüngeren. Die Abweichungen waren so groß, dass sie nicht durch genetische Veränderungen erklärt werden konnten. Die Forscher erklären nachdrücklich, dass bei der Entstehung von Krankheiten nicht nur der genetische Einfluss berücksichtigt werden muss, sondern auch die Umweltfaktoren, die das Funktionieren des Immunsystems beeinflussen.
Altern geht Hand in Hand mit Immunoseneszenz, einem Zustand, in dem Immunzellen in eine Art Schlummerzustand fallen, der eine allmähliche und natürliche Veränderung der Struktur und Funktion des Immunsystems bewirkt. Diese Immunalterung ist gekennzeichnet durch eine Abnahme der adaptiven Immunität und die Entwicklung einer chronischen Entzündungsphase. Dadurch unterliegen ältere Menschen einem erhöhten Risiko für Infektionen und verzögerte Wundheilung sowie für eine Vielzahl von chronisch entzündlichen Erkrankungen, darunter rheumatoide Arthritis, Atherosklerose und Typ-II-Diabetes.
Altersbedingte Veränderungen der adaptiven oder erworbenen zellvermittelten Immunität gehen einher mit Veränderungen der Th1- und Th2-Effektorzellaktivität. Während das Th-1-System ein zellulär-cytotoxisches, entzündungsförderndes System ist, ist das Th-2-System humoral und entzündungshemmend. Die Th1- und Th2-Systeme hemmen sich gegenseitig und halten im Idealfall ein homöostatisches Gleichgewicht zwischen zellvermittelten und humoralen Reaktionen aufrecht. Altern stört jedoch diese Homöostase. Die Cytokinsekretion des Th1-Systems nimmt mit zunehmendem Alter ab und es kommt zu einer Verschiebung in Richtung einer Vorherrschaft des Th2-Systems. Es wird angenommen, dass solche Verschiebungen im Zusammenhang mit Erkrankungen, einem erhöhten Risiko für Erkrankungen oder einer Verschlimmerung des Zustandsbildes von Erkrankungen wie Allergien (Überaktivität des Th2-Systems), Ekzemen (Unteraktivität des Th1-Systems + Überaktivität des Th2-Systems) und Autoimmunerkrankungen (zu unspezifische Aktivität des Th1-Systems) stehen.
Die obengenannte Forschung zeigt, dass epigenetische Faktoren die Alterung von Immunzellen stärker beeinflussen als genetische Faktoren. Histone – Proteine, die eng mit der DNA verwandt sind und zusammen mit der DNA das Chromatin im Zellkern bilden – sind empfindlich gegenüber epigenetischen Markierungen. Die Menge und Variabilität der Histonmodifikationen im Chromatin von Immunzellen jüngerer und älterer Erwachsener zeigt, dass Altern mit dem Auftreten größerer Unterschiede zwischen Individuen verbunden ist. Diese Unterschiede sind zu groß, um durch genetische Veränderungen erklärt zu werden. Daraus folgt, dass die alterungsbedingten Chromatinveränderungen überwiegend durch nicht-erbliche Einflüsse verursacht werden.
Die epigenetischen Markierungen auf Histonen beeinflussen und bestimmen weitgehend das Verhalten der Zelle. Diese Markierungen sind nicht statisch. Im Gegensatz zu unseren lebenslang unveränderlichen Genen (mit Ausnahme ungewollter Mutationen) können epigenetische Markierungen nach dem Einwirken von Pathogenen, Nährstoffen, Wachstumsfaktoren oder Hormonen auf die Zelle oder nach Veränderungen ihres inneren Zustands schnell angebracht oder entfernt werden. Immunzellen älterer Menschen enthalten deutlich mehr epigenetische Markierungen auf Histonen als die jüngerer Menschen. Diese entstehen durch Faktoren wie Nahrung, Schlaf, Bewegung, Infektionen, Arbeit, Wohnverhältnisse, Pestizide und physischer oder psychischer Stress.
Nicht alle epigenetischen Faktoren, die auf die Alterung von Immunzellen einwirken, können beeinflusst werden. Um im Alter gesund zu bleiben, sollten Ihre Klienten (und natürlich auch Sie selbst!) die beeinflussbaren Faktoren so gestalten, dass epigenetische Veränderungen der Gene des Immunsystems so gering wie möglich ausfallen. Dabei spielen die Qualität von Nahrung und Schlaf, die körperliche Bewegung, der Text-Kontext des Lebens sowie das Ausmaß von und die Reaktion auf Stress eine wichtige Rolle. Beispielsweise ist ein Mangel an „epigenetischen“ Lebensmitteln, Nahrung, die der Körper von seiner epigenetischen Programmierung her erwartet, bereits ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung von Krankheiten.
Epigenetische Lebensmittel wirken sich positiv auf die Methylierung aus. Dazu zählen Cholin (Eier, Eisbergsalat), Betain (Rote Beete, Muscheln) und Methionin (Fisch, Nüsse), Sulforaphan (Brokkoli), die Omega-3-Fettsäure DHA (Fisch, Meeresfrüchte), B-Vitamine (Eier, Kohl, grünes Gemüse, Spargel, Fisch, Geflügel) und Jod (Algen, Pilze, Fisch, Meeresfrüchte). Als kleine Hilfestellung für Sie und Ihre Klienten finden Sie ebenfalls in diesem Newsletter ein leckeres „epigenetisches“ Rezept: Gedünsteter Kabeljau mit Spargel und Beerensauce. Mit Genuss gegen die Immunalterung: Eine echte Win-Win-Situation!
1. https://medicalxpress.com/news/2018-04-key-differences-young-older-people.html
2. Cheung, P. et al, Single-Cell Chromatin Modification Profiling Reveals Increased Epigenetic Variations with Aging, Cell 26 april 2018
3. Heffner, K.L., Moynihan, J.A., Aging, Stress and Immunity, Primer of PschychoNeuroImmunology Research 2016