Im Rahmen einer umfangreichen Literaturstudie untersuchten Forscher des MD Anderson Cancer Center in Houston (USA), des Mt Sinai Hospital in New York (USA) und des University College Cork (Irland) das Konzept der Widerstandsfähigkeit. Widerstandsfähigkeit wurde hierbei definiert als „Fähigkeit von Individuen, sich an ungünstige, belastende Bedingungen anzupassen und sich von diesen zu erholen“. Dabei scheint unser Mikrobiom eine Schlüsselrolle zu spielen. Der Artikel wurde in der Fachzeitschrift Brain, Behavior and Immunity veröffentlicht.
Die Literaturstudie zeigte zunächst, dass psychologisch widerstandsfähigere Menschen ein stärkeres Immunsystem haben. Dieser Zusammenhang ist seit 25 Jahren bekannt, wobei sich frühere Forschung vor allem auf psychologische Faktoren konzentrierte. Lange Zeit wurde die Beziehung zwischen Stress und Immunität als Einbahnstraße angesehen. Inzwischen ist jedoch klar geworden, dass Immunmediatoren (wie Histamin) auch bestimmen können, wie das Gehirn Informationen verarbeitet und physiologisch und verhaltensbezogen darauf reagiert.
So stellte sich zum Beispiel heraus, dass widerstandsfähige Individuen anfälliger gegenüber Stress wurden, sobald die Anfälligkeit ihres Immunsystems gegenüber Entzündungen zunahm. Bei stressempfindlichen Menschen ist stattdessen genau das Gegenteil der Fall.
Noch bis vor kurzem hatten Psychiater und klinische Psychologen einen möglichen Einfluss von Ernährungsgewohnheiten auf die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress völlig außer Acht gelassen, aber nun berichten die an der Studie beteiligten Forscher, dass inzwischen ausreichend Nachweise dafür vorliegen, dass nährstoffarme Ernährung und Antibiotika zu einer Dysbiose im Darm führen. [2] Darüber hinaus besteht inzwischen weitgehend Einigkeit darüber, dass ein unausgewogenes Mikrobiom negative mentale Auswirkungen auf den Menschen und damit auch auf seine Widerstandsfähigkeit hat.
Es bleibt jedoch schwierig, spezifische Bakterienstämme zu benennen, die die Darmflora positiv beeinflussen können. Über die Literatur konnten die Forscher nur wenige spezifische Bifido- und Lactobazillenstämme identifizieren, die eindeutig positive kognitive Effekte hervorgerufen hatten, wie zum Beispiel eine Abnahme von Angst- und Stressgefühlen. Andere Studien mit gesunden Freiwilligen weisen jedoch auf jeden Fall darauf hin, dass Psychobiotika die Widerstandskraft erhöhen und Depressionen verhindern können. Auch kann eine gesunde mediterrane Diät antidepressive Wirkungen mit sich bringen, ebenfalls wahrscheinlich über das Mikrobiom.
Inzwischen habe sich die Ernährungspsychiatrie durch den Einsatz von Psychobiotika (zum Beispiel Pre- und Probiotika und Ernährungskonzepte mit spezifischen Nährstoffen) zu einem aufstrebendes Forschungsgebiet mit vielen Möglichkeiten entwickelt, so die Forscher.
[1] Robert Dantzer, Sheldon Cohen, Scott J.Russo, Timothy G. Dinand, Resilience and immunity, Brain, Behavior, and Immunity, available online 10 August 2018, https://doi.org/10.1016/j.bbi.2018.08.010