Cortisol und (Nor-) Adrenalin werden in den Nebennieren gebildet und sind wichtig für das Regulieren von Stressreaktionen. Stress kann durch eine Vielzahl von Ursachen entstehen. Dazu zählen zum Beispiel auch finanzielle Probleme, Streit, Arbeitslosigkeit, Verkehrsstaus, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, schwankende Blutzuckerwerte und chronische Infektionen.
Was immer den Stress auslösen mag: Als Folge beginnen die Nebennieren mit der Bildung von Stresshormonen. Ein Übermaß an Stress kann dann sogar zu Störungen der Stresshormonbildung führen. Die bei einer solchen Störung der Nebenniere auftretenden Symptome sind vielfältig und können Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Heißhunger auf Süßes, Stimmungsschwankungen und Magengeschwüre umfassen.
Dieser Artikel behandelt die Auswirkungen von (chronischem) Stress und – als dessen Folge – einer Störung der Nebennierentätigkeit und deren Wirkung auf die Schilddrüsenfunktion. Dabei geht es um die fünf wichtigsten Wege, über die Stress zu einer Hypothyreose führen kann.
Die Bildung der Hormone der Nebennieren wird über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse, besser bekannt als HPA-Achse, gesteuert. Diese HPA-Achse ist an vielen Körperfunktionen beteiligt, so zum Beispiel an der Regulierung unserer Körpertemperatur, der Verteilung der verfügbaren Energie und natürlich auch der Steuerung von Stressreaktionen.
Wenn die Nebennieren in Schwierigkeiten geraten, weil sie zu viele Stresshormone bilden müssen, so führt dies unter anderem auch dazu, dass der Hypothalamus und die Hypophyse bei ihrer übrigen Arbeit wie zum Beispiel der Steuerung der Schilddrüsenhormone über die Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen (HPT)-Achse behindert werden. Das bedeutet, dass eine Störung der HPA-Achse auch die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen kann. [2]
Außerdem führt eine Stressreaktion immer auch zur Freisetzung von entzündungsfördernden Cytokinen aus dem Immunsystem. Untersuchungen zeigen, dass diese entzündungsfördernden Cytokine nicht nur die HPA-Achse unterdrücken, sondern auch die Bildung von TSH (Tyroid-stimulierendem Hormon) in der Hypophyse verringern. TSH regt die Schilddrüse zur Bildung von Schilddrüsenhormonen an.
Die Schilddrüse bildet überwiegend (zu 93 %) eine inaktive Form des Schilddrüsenhormons: T4 (Thyroxin). Dieses Hormon muss zunächst in T3 (Trijodthyroxin) umgewandelt werden, bevor es in den Zellen wirksam werden kann. In einer Studie [3] an Ratten zeigte sich, dass entzündungshemmende Cytokine nicht nur die Bildung von TSH reduzieren, sondern auch die Umwandlung von T4 in T3 behindern.
Eine weitere Studie an gesunden Männern, die Injektionen von proinflammatorischen Cytokinen erhielten, hat gezeigt, dass die Konzentrationen von T3 und TSH im Blut nach der Injektion rasch abnahmen, während die Konzentration von rT3 (reverse T3) zunahm. rT3 ist eine inaktive Form von T3 (der Körper wandelt T3 unter anderem bei Stressreaktionen in rT3 um). [4]
Der Verdauungstrakt, die Haut, die Lunge und die Blut-Hirn-Schranke bilden unsere vorderste Abwehrlinie gegen unerwünschte Eindringlinge wie Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger. Untersuchungen zeigen, dass Probleme mit den Nebennieren die Barrieren schwächen und die Funktion des Immunsystems untergraben. [3] Und wenn zu viele schädliche Substanzen in den Blutkreislauf gelangen, werden wir als Folge anfälliger gegenüber Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel Hashimoto.
Damit Schilddrüsenhormone eine physiologische Wirkung ausüben können, müssen sie zunächst Rezeptoren auf den Zellen aktivieren. Entzündungsfördernde Cytokine können vermutlich die Empfindlichkeit von Schilddrüsenrezeptoren verringern (ähnlich wie bei einer Insulinresistenz), obwohl diese verminderte Empfindlichkeit bisher im Labor nur schwer nachgewiesen werden kann. [5]
Forscher leiten das Vorliegen einer Schilddrüsenresistenz aus dem Umstand ab, dass Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto stets eine Hypothyreose aufweisen, die auch dann bestehen bleibt, wenn sie Ersatzhormone einnehmen und die Werte von TSH, T4 und T3 im Blut normal sind.
Langzeitstress und die dadurch erhöhten Cortisolwerte verringern die Fähigkeit der Leber, überschüssige Östrogene aus dem Blut zu entfernen. Durch einen erhöhten Blutöstrogenspiegel steigt die Konzentration an TBG (Schilddrüsenbindungsglobulin) im Blut, wie eine Studie zeigt [5]. TBG sind Transportproteine, die Schilddrüsenhormone im Blut transportieren. T3 und T4 müssen sich von diesem Transportprotein zunächst erst wieder lösen – und wieder zu freiem T4 und freiem T3 werden – bevor sie die Rezeptoren aktivieren können. Bei hohen TBG-Werten sinkt der Anteil freier Schilddrüsenhormone im Blut.
Eine Vielzahl von Stresssituationen kann Probleme mit den Nebennieren auslösen, obwohl die Nebennieren selbst oft völlig in Ordnung sind. Und obwohl es wie eine Binsenweisheit klingen mag, könnten Sie Ihren Klienten zunächst raten, etwas an den Faktoren zu ändern, die zu übermäßigem Stress führen, um wieder ein normales Funktionieren der Schilddrüse zu ermöglichen.
[1] https://chriskresser.com/5-ways-that-stress-causes-hypothyroid-symptoms/
[2] Rettori V, Jurcovicova J, McCann SM.Central action of interleukin-1 in altering the release of TSH, growth hormone, and prolactin in the male rat, J Neurosci Res. 1987;18(1):179-83.
[3] Ongphiphadhanakul B, Fang SL, Tang KT, Patwardhan NA, Braverman LE., Tumor necrosis factor-alpha decreases thyrotropin-induced 5'-deiodinase activity in FRTL-5 thyroid cells, Eur J Endocrinol. 1994 May;130(5):502-7.
[4] Corssmit EP, Heyligenberg R, Endert E, Sauerwein HP, Romijn JA., Acute effects of interferon-alpha administration on thyroid hormone metabolism in healthy men, J Clin Endocrinol Metab. 1995 Nov;80(11):3140-4.
[5] Guhad FA1, Hau J., Salivary IgA as a marker of social stress in rats, Neurosci Lett. 1996 Sep 27;216(2):137-40.
[6] Kimura H, Caturegli P., Chemokine orchestration of autoimmune thyroiditis, Thyroid 2007 Oct;17(10):1005-11.
[7] Steingold KA, Matt DW, DeZiegler D, Sealey JE, Fratkin M, Reznikov S.Comparison of transdermal to oral estradiol administration on hormonal and hepatic parameters in women with premature ovarian failure, J Clin Endocrinol Metab. 1991 Aug;73(2):275-80.