Vitamin K wurde lange Zeit in erster Linie als ein Blutgerinnungsvitamin betrachtet, aber in den letzten Jahren wurde klar, dass Vitamin K noch viele weitere wichtige Funktionen hat. Vitamin K2 reguliert zusammen mit Vitamin D3 den Calciumhaushalt. Die synergistische Wirkung der Vitamine D3 und K2 beugt Arteriosklerose vor, dem Hauptverursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und wirkt sich positiv auf die Knochengesundheit aus.
Vitamin D ist für die Erhöhung des Calciumspiegels im Blut verantwortlich. Niedrige Calciumspiegel im Blut stimulieren die Produktion des Nebenschilddrüsenhormons (PTH), das die Aktivierung von Vitamin D bewirkt. Aktives Vitamin D stimuliert die Absorption von Calcium im Darm, indem es die Menge der Calciumtransporter an der Darmwand reguliert. Darüber hinaus regt Vitamin D die Freisetzung von Calcium aus den Knochen an, um den Calciumspiegel im Blut zu erhöhen.
Der Calciumstatus im Blut wird also hauptsächlich durch Vitamin D reguliert. Der Nachteil des im Blut zirkulierenden Calciums ist jedoch, dass es sich im Weichteilgewebe als Calcium-Plaque niederschlagen kann. Diese Plaque kann sich an den Gefäßwänden bilden – was zu sogenannter ‚Arterienverkalkung‘, also Arteriosklerose führen kann – sowie im Knorpelgewebe, das dadurch weniger flexibel wird. Vitamin K spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von Calcium-Plaque.
Knorpelzellen und Muskelzellen in den Blutgefäßwänden produzieren das calciumbindende Protein Matrix-Gla-Protein (MGP). Vitamin D aktiviert die Produktion von MGP, indem es das MGP-Gen stimuliert. Vitamin K aktiviert dann das MGP, so dass es wirksam wird. Das aktivierte MGP bindet Calcium und hemmt so die Ablagerung von Calcium im Weichteilgewebe. Darüber hinaus binden MGPs an die vorhandene Calciumplaque und stimulieren Makrophagen, diese zu entsorgen [1]. Zusammen tragen die Vitamine D und K zur Vorbeugung und Beseitigung von Verkalkungen im Weichteilgewebe bei [2,3,4].
Die Knochenmineralisation, der Prozess, der die Knochen stark hält, hängt von dem Hormon Osteocalcin ab, das auch als Knochen-Gla-Protein bezeichnet wird. Osteocalcin wird unter dem Einfluss von Vitamin D in Osteoblasten (Zellen, die Knochengewebe aufbauen) produziert. Es wird durch Vitamin K aktiviert. Osteocalcin bindet Calcium in den Knochen und reguliert die Geschwindigkeit der Mineralstoffablagerung im Knochen [2,5]. Die synergistisch wirkenden Vitamine D und K beeinflussen somit über Osteocalcin die Mineraldichte und Festigkeit des Knochens. Interventionsstudien zeigen, dass eine Supplementierung sowohl mit Vitamin D3 als auch mit K2 zu einer Erhöhung der Knochendichte [6,7,8] und einer Reduktion der Arteriosklerose führt [9].
Vitamin D trägt zur Resorption von Calcium im Darm bei, so dass mehr Calcium im Körper verfügbar wird, hat aber keinen Einfluss auf die Ablagerung von Calcium in den Knochen. Hierzu wird, wie oben erläutert, Vitamin K benötigt. Einige Studien zeigen einen negativen Effekt einer Supplementierung nur mit Vitamin-D, wenn der Vitamin-K-Status niedrig ist. Ein niedriger Vitamin-D- und K-Status kann zu verminderter Knochendichte [10, 11, 12] und Arteriosklerose [13, 14] führen. Eine Supplementierung sowohl mit Vitamin D als auch mit Vitamin K ist daher empfehlenswert, um den Calciumhaushalt zu regulieren und die Gesundheit der Knochen und Gefäße zu unterstützen.
Ein niedriger Vitamin-D- und Vitamin-K-Status spielt bei der Entwicklung von Komplikationen bei COVID-19-Patienten möglicherweise eine Rolle. Die Forschung zeigt, dass Patienten, die an den Komplikationen von COVID-19 schwer erkrankten oder starben, einen schwereren Mangel an diesen Vitaminen aufwiesen [16,17.18]. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass Vitamin D eine wichtige Rolle beim Schutz vor akuten Infektionen der Atemwege spielt [19]. Vitamin K spielt eine Rolle bei der Prävention von Lungenkomplikationen und Blutgerinnungsproblemen [16], die bei COVID-19 häufig auftreten. Gegenwärtig laufen Studien über die Auswirkungen einer Vitamin-D- und K-Supplementierung bei SARS-CoV-2-Infektionen.
Eine große epidemiologische Studie in Rotterdam, an der fast 5000 Menschen teilnahmen, zeigt, dass nur Vitamin K2 an der Verhinderung der Verkalkung beteiligt ist, nicht Vitamin K1 [15]. Die folgende Tabelle beschreibt die wichtigsten Unterschiede zwischen Vitamin K1 und K2.
Eigenschaft |
Vitamin K1 |
Vitamin K2 |
Wichtigste Funktionen |
Blutgerinnung |
Knochen- und Herz-Kreislauf-Gesundheit |
Halbwertzeit |
1-2 Stunden |
72 Stunden |
Nahrungsquellen |
Grünes Gemüse (wie Grünkohl und Spinat) |
Fermentierte Lebensmittel (wie Natto), Fleisch und Eier |
Mangelerscheinungen |
· Blaue Flecken · Blutflecken unter den Nägeln · Blutungen in den Schleimhäuten |
· Schwache Knochen · Arteriosklerose · Karies |
Die pflanzliche Form von Vitamin D ist Vitamin D2, in tierischen Produkten kommt die D3-Form vor. Eine Supplementierung mit Vitamin D3 wird gegenüber D2 bevorzugt, da Vitamin D3 den Vitamin-D-Status 10-mal effizienter erhöht als Vitamin D2.
In wissenschaftlichen Studien haben sich Dosen von 90 µg Vitamin K2 pro Tag als optimal für die kardiovaskuläre Gesundheit erwiesen [9,15].
Eine therapeutische Dosierung von 75 µg Vitamin D3 pro Tag wird empfohlen, um den Vitamin-D3-Status aufrechtzuerhalten. Lesen Sie mehr über die optimalen Vitamin-D3-Dosierungen in dem Artikel: Vitamin-D-Status und Empfehlungen.
Nimmt Ihr Patient Vitamin D als Basis-Supplementierung ein? Erwägen Sie dann die Kombination der Vitamine D und K für einen optimalen Calciumhaushalt. Insbesondere bei erhöhtem Risiko für Arteriosklerose oder bei verminderter Knochendichte wird die Kombination von Vitamin D und K empfohlen. Für Ihre Patienten, die aufgrund von Grunderkrankungen ein erhöhtes Komplikationsrisiko bei einer Corona-Infektion haben, kann eine präventive Supplementierung mit Vitamin D und K hilfreich sein. Vorzugsweise sollten Sie hierfür Vitamin K2 und Vitamin D3 in der optimalen therapeutischen und wissenschaftlich fundierten Dosierung von 90 bzw. 75 µg pro Tag verwenden. Die optimalste Form der Supplementierung ist in einer Fettmatrix, da sowohl Vitamin D als auch K fettlösliche Vitamine sind. Möchten Sie mehr über die Anwendungen, die Sicherheit und die möglichen Wechselwirkungen von Vitamin D und Vitamin K wissen? Lesen Sie mehr darüber in unseren überarbeiteten Monographien.
1. Roumeliotis, S., Dounousi, E., Eleftheriadis, T., & Liakopoulos, V. (2019). Association of the Inactive Circulating Matrix Gla Protein with Vitamin K Intake, Calcification, Mortality, and Cardiovascular Disease: A Review. International journal of molecular sciences, 20(3), 628. https://doi.org/10.3390/ijms20030628
2. Ballegooijen, A. J. van, Pilz S., Tomaschitz S., Tomaschitz A., Grübler A. R. & Verheyen N. (2017) The Synergistic Interplay between Vitamins D and K for Bone and Cardiovascular Health: A Narrative Review. International Journal of Endocrinology, 2017, 1-12. https://doi.org/10.1155/2017/7454376.
3. Wallin, R., Schurgers L., & Wajih N. (2008). Effects of the Blood Coagulation Vitamin K as an Inhibitor of Arterial Calcification. Thrombosis research 122(3), 411-17. https://doi.org/10.1016/j.thromres.2007.12.005.
4. Schurgers, L. J., Cranenburg, E. C., & Vermeer, C. (2008). Matrix Gla-protein: the calcification inhibitor in need of vitamin K. Thrombosis and haemostasis, 100(4), 593-603.
5. Zoch, M. L., Clemens, T. L., & Riddle, R. C. (2016). New insights into the biology of osteocalcin. Bone, 82, 42-49. https://doi.org/10.1016/j.bone.2015.05.046
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9. Asemi, Z., Raygan F., Bahmani F., Rezavandi Z., Talari H. R., Rafiee M, Poladchang S., et al. (2016). The Effects of Vitamin D, K and Calcium Co-Supplementation on Carotid Intima-Media Thickness and Metabolic Status in Overweight Type 2 Diabetic Patients with CHD. British Journal of Nutrition. 116(2). 286–293. https://doi.org/10.1017/S0007114516001847. 10. Wasilewski, G. B., Vervloet, M. G., & Schurgers, L. J. (2019). The Bone-Vasculature Axis: Calcium Supplementation and the Role of Vitamin K. Frontiers in cardiovascular medicine, 6, 6. https://doi.org/10.3389/fcvm.2019.00006
10. Nakano, T, Tsugawa N., Kuwabara A, Kamao M, Tanaka K & Okano T. (2011). High Prevalence of Hypovitaminosis D and K in Patients with Hip Fracture. Asia Pacific Journal of Clinical Nutrition. 20(1). 56–61.
11. Popko J., Karpinski M., Chojnowska S., Maresz K., Milewski R., Badmaev V & Schurgers L.J.. (2018) Decreased Levels of Circulating Carboxylated Osteocalcin in Children with Low Energy Fractures: A Pilot Study. Nutrients. 10(6). https://doi.org/10.3390/nu10060734.
12. Sardana, M., Vasim I., Varakantam S., Kewan U., Tariq A., Koppula M. R., Syed A. A., et al. (2017). Inactive Matrix Gla-Protein and Arterial Stiffness in Type 2 Diabetes Mellitus. American Journal of Hypertension. 30(2). 196–201. https://doi.org/10.1093/ajh/hpw146.
13. Willems, B. A., Furmanik M., Caron M. M. J., Chatrou M. L. L., Kusters D. M. H., Welting T. J. M., Stock M., et al. (2018). Ucma/GRP Inhibits Phosphate-Induced Vascular Smooth Muscle Cell Calcification via SMAD-Dependent BMP Signalling. Scientific Reports. 8(1). 1–11. "https://doi.org/10.1038/s41598-018-23353-y
14. Geleijnse, J. M., Vermeer, C., Grobbee, D. E., Schurgers, L. J., Knapen, M. H., van der Meer, I. M., Hofman, A., & Witteman, J. C. (2004). Dietary intake of menaquinone is associated with a reduced risk of coronary heart disease: the Rotterdam Study. The Journal of nutrition, 134(11), 3100–3105. https://doi.org/10.1093/jn/134.11.3100
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17. Grant, W. B., Lahore, H., McDonnell, S. L., Baggerly, C. A., French, C. B., Aliano, J. L., & Bhattoa, H. P. (2020). Evidence that Vitamin D Supplementation Could Reduce Risk of Influenza and COVID-19 Infections and Deaths. Nutrients, 12(4). https://doi.org/10.3390/nu12040988
18. Kaufman, H. W., Niles, J. K., Kroll, M. H., Bi, C., & Holick, M. F. (2020). SARS-CoV-2 positivity rates associated with circulating 25-hydroxyvitamin D levels. PLOS ONE, 15(9), e0239252. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0239252
19. Martineau, A. R., Jolliffe, D. A., Hooper, R. L., Greenberg, L., Aloia, J. F., Bergman, P., … Camargo, C. A. (2017). Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: Systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ, i6583. https://doi.org/10.1136/bmj.i6583