Jeder Organismus ist täglich wechselnden Umweltfaktoren ausgesetzt. Dies bezieht sich nicht nur auf Veränderungen während des Tages, sondern auch auf jahreszeitliche Veränderungen. Der Organismus passt sich diesen Veränderungen an, indem er sein Verhalten, seinen Stoffwechsel und die Abstimmung des Immunsystems anpasst. Der Biorhythmus (der zirkadiane Rhythmus) ermöglicht es so, diese Veränderungen zu antizipieren und beeinflusst die verschiedenen biologischen Uhren im Körper auf unterschiedliche Weise [1].
Auch das Immunsystem steht unter der Kontrolle der zirkadianen Uhr. Dies zeigt sich daran, dass innerhalb des Immunsystems unterschiedliche zirkadiane Rhythmen zu beobachten sind. Diese Rhythmen haben ihren Ursprung in einer direkten Interaktion zwischen der zirkadianen Uhr und bestimmten Komponenten des Immunsystems.
Die zirkadiane Steuerung des Immunsystems funktioniert zu einem großen Teil über zirkadiane Uhrenproteine. Diese Uhrenproteine reagieren als Transkriptionsfaktoren. Sie stellen die Expression oder Nicht-Expression bestimmter Gene des Immunsystems sicher. Die wichtigsten Uhrenproteine sind BMAL1 und CLOCK.
Zirkadiane Uhrenproteine können auch ohne das Eingreifen von Transkriptionsfaktoren einen direkten Einfluss auf pro-inflammatorische Wege im Körper haben. Zum Beispiel durch Einflussnahme auf den NFkB. Diese Art der Interaktion zwischen dem zirkadianen Rhythmus und dem Immunsystem scheint reziprok zu sein. Das Immunsystem kann durch diese Verbindung also auch die Funktion der zirkadianen Uhr beeinflussen.
Die zirkadiane Uhr wird in unserem Körper durch eine 'Hauptuhr' im Gehirn (Neuronen, die zum suprachiasmatischen Kern gehören) und durch periphere Uhren in verschiedenen Zellen des übrigen Körpers, zum Beispiel in Leukozyten des Immunsystems, reguliert. Die Hauptuhr synchronisiert die Funktion der peripheren Uhren. Hierfür wird hauptsächlich die Lichtmenge verwendet, der die Hauptuhr ausgesetzt ist. Dies ist ein wichtiges Signal, um sicherzustellen, dass der Körper im Einklang ist mit der Umgebung, in der er lebt. Für periphere Uhren ist das Essen ein wichtiger Stimulus für die Regulierung [3, 4].
[1] Mark A.Woelfle, Yan Ouyang, Kittiporn Phanvijhitsiri Carl Hirschie Johnson. The Adaptive Value of Circadian Clocks: An Experimental Assessment in Cyanobacteria. (Der Anpassungswert von zirkadianen Uhren: Eine experimentelle Bewertung in Cyanobakterien.) https://doi.org/10.1016/j.cub.2004.08.023
[2] Sophia Hergenhan, Stephan Holtkamp, Christoph Scheiermann. Molecular Interactions Between Components of the Circadian Clock and the Immune System. (Molekulare Interaktionen zwischen Komponenten der zirkadianen Uhr und dem Immunsystem.) https://doi.org/10.1016/j.jmb.2019.12.044
[3] K.A. Stokkan, S. Yamazaki, H. Tei, Y. Sakaki, M. Menaker. Entrainment of the circadian clock in the liver by feeding (Entrainment der zirkadianen Uhr in der Leber durch Fütterung). Science, 291 (2001), S. 490-493
[4] F. Damiola, N. Le Minh, N. Preitner, B. Kornmann, F. Fleury-Olela, U. Schibler. Restricted feeding uncouples circadian oscillators in peripheral tissues from the central pacemaker in the suprachiasmatic nucleus (Eingeschränkte Fütterung entkoppelt zirkadiane Oszillatoren in peripheren Geweben vom zentralen Schrittmacher im suprachiasmatischen Nucleus). Genes (Gene) Dev., 14 (2000), S. 2950-2961