Salvia officinalis (Echter Salbei)

  • Einleitung
    Salvia kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Gesunden. Die Tatsache, dass einer Pflanze ein solcher Name gegeben wurde, spiegelt den breiten therapeutischen Wert, den man dieser Pflanze nachsagte. Bereits seit Tausenden Jahren wurden Salviasorten von Völkern auf verschiedenen Kontinenten bei diversen Erkrankungen angewandt. Innerhalb Europas ist die Salvia officinalis aufgrund ihres therapeutischen Werts bei Mund- und Halsentzündungen vor allem als Mundwasser und Gurgelgetränk bekannt. Als vor allem Phytotherpeutikum wird es auch bei Magenbeschwerden, übermäßigen Transpirieren und Beschwerden in den Wechseljahren eingesetzt. Aktuelle Studien lassen eine Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten erkennen.

    Inhaltsstoffe


    Es bestehen 5 Hauptgruppen an Inhaltsstoffen. Viele Substanzen wurden bereits bestimmt:
    1. Monoterpene,: Alpha-pinen, Beta-pinen, Borneol, Kampfer, 1,8-cineole (eucalyptol), 3-Caren, Terpinolenen, Myrcen, Beta-Phellandren, Limonen, Alpha-thujone  
    2. Diterpene,: Tanshinon I und IIA, Cryptotanshinon, 15,16-Dihydrotanshinon, Salvinorine A, B and C, Miltiron, Carnosol, Carnosinsäure, Ursolsäure
    3. Triterpene,: Oleansäure, Uvaol, Betulin, Betulinsäure
    4. Phenolsäuren : Lithospermum B, Rosmarinsäure, Salvianolsäure acid A und B
    5.Flavonoide: Apigenin, Hispidulin

    Eigenschaften von Salvia officinalis

    Eigenschaften   

    Bekannte verantwortliche Substanzen

    Beruhigend und schlaffördernd

    7-Methoxyrosmanol, Galdesol Carnosol,

    Carnosinsäure, Apingenin, Hispidulin und Cirsimaritin

    Stärkung des Gedächtnisses

    Ganzer Pflanzenextrakt

    Entzündungshemmend und schmerzlindernd

    Ursolsäure, Carnosinsäure und Carnosol

    Antibakteriell und antiviral

    Ätherisches Öl, Alpha-Thujon

    Antixoxidativ   

    Ganzer Pflanzenextrakt (Salbeitee), Carnosinsäure, Carnosol, Rosmarinsäure, Lithospermum B, Kaffeesäure

    Metforminartiger Effekt

    Ganzer Pflanzenextrakt (Salbeitee)

    TZD-artiger Effekt

    Carnosinsäure und Carnosol

    Regulierung T3-Hormon

    Carnosinsäure

    Reduktion von Beschwerden der Wechseljahre

    Extrakt aus Salbeiblatt (und Alfalfa)

    Anti-Mutagen, Anti-proliferativ und antikarzinogen

    Salbeitee, Cryptotanshinon, Carosinsäure, Rosmarinsäure




    Wirkungsmechanismen:
    • Beruhigend, anxiolytisch und schlaffördernd. In-vitro-Tests zeigen die Auswirkungen der Substanzen auf den GABA/Benzodiazepin-Rezeptorkomplex im Gehirn. Sie wirken, indem sie den Ionenkanal für Chloridione öffnen, wodurch die Polarität des Nurons zunimmt und die Reizbarkeit abnimmt.
    • Stärkung des Gedächtnisses. In-vitro belegt Salbextrakt eine cholinergische Aktivität (Choninesterase-Hemmung).
    • Entzündungshemmend und schmerzlindernd In-vitro bremst Ursolsäure die Produktion von TNT-Alpha und IL-6 durch stimulierte Makrophagen. Carnosolsäure und Carnosin bremsen die Produktion Entzündung fördernder Leukotriene, antagonieren intrazelluläre Ca2+-Mobilisierung durch eine chemotaktische Stimulation und reduzieren die Bildung von Sauerstoffradikalen und die Sekretion von Elastase durch Leukozyten.
    • Antixoxidativ. In-vitro besitzen Leberzellen von mit Salbeitee behandelten Ratten einen höheren Glutathionwert.
    • Antibakteriell und antiviral. Diverse Terpene und Pheolsäuren aus Salbei zeigen in-vitro ein breites Spektrum antibakterieller, antimycotischer und antiviraler Eigenschaften.
    • Metforminartiger Effekt. Der leichte metforminartige Effekt in-vitro weist auf Hemmung spezifischer Genaktivität in der Leber hin, welche an der Gluconeogenese und Glycogenolyse beteilt ist. Dies führt zu einer niedrigeren nüchternen Glucose. Salbeitee scheint seine Wirkung aber nicht über eine höhere Insulinsekretion zu präsentieren und verbessert nicht die Glucoseklärung bei einem Glucosetoleranztest. Forscher suggerieren, dass Salbei ein neues Therapeutikum in der Behandlung des Metabolischen Syndroms und der Prädiabetes sein kann.
    • TZD-artiger Effekt TZD=Thiazolidindion oder Glitazon; Diabetesmedikament. In-vitro-Untersuchungen weisen auf eine bestimmte PPAR-Gamma-Rezeptor-Aktivierung hin, was für eine Reduzierung der Triglycerid- und Glucosewerte im Blut repräsentativ ist.
    • Regulierung T3-Hormon-Aktivität. Carnosinsäure fördert in niedrigen Dosierungen die Expression von Vitamin-D- und Vitamin-A-Rezeptoren, welche Heterodimere (eine Verbindung) mit den Schilddrüsenhormonrezeptoren bilden. Diese Rezeptoren bilden dann gemeinsam die wichtigsten Mediatoren für die Aktivität des T3-Hormons und können durch eine verbesserte Rezeptordimerisation die Aktivität dieses Schilddrüsenhormons fördern. Untersuchungen bei Frauen in den Wechseljahren weisen auch auf eine erhöhte Reaktion von TSH (Thyroid stimulierendes Hormon; Hypophyse) auf das TRH (Thyroid releasing Hormon; Hypothalamus) hin. Das PPAR-Gamma, Vitamin D und Vitamin A Rezeptoren gehören zur großen Familie der nuklearen Hormonrezeptoren, welche unter Einfluss der Umgebungsfaktoren, wie Ernährung, direkt die Funktion des menschlichen Genoms beeinflussen.
    • Reduktion von Beschwerden der Wechseljahre. Das ätherische Salbeiöl zeigt eine leichte Östrogenaktivität. 
    • Antimutagene, antiproliferative und antikarzinogene Eigenschaften wurden in in-vitro und in-vivo Untersuchungen wahrgenommen. Bis soweit wird unterstellt, dass mindestens Hemmung eines phosphorylierenden Enzyms MAPK (Mitogen aktivierte Proteinkinase) zu einer reduzierten Proliferation und einer Zunahme der Apoptose führt. Hemmung der Krebszellenproliferation wurde für Cryptotanshinon entdeckt, was zu einem Krebszellenarrest in der G1-G0-Phase des Zellzyklus führt, der mit einer Zyklin-D1-Inhibition assoziiert wird. Dabei wurde belegt, dass Cryptotanshinon die Signalübermittlung von mTOR (mammalian target of rapamycin) hemmte, der ein zentraler Regulator der Zellproliferation ist. Außerdem zeigte es sich in-vitro, dass Carnosinsäure den proliferationshemmenden und differenzierenden Effekt von 1,25-Dihydroxidvitamin D3 und Vitamin A auf Leukämiezellen fördert. Andere Untersuchungen weisen auf eine reduzierte Empfindlichkeit von Zellen auf potente mutagene Stoffe, was sich in weniger chromosomalen Beschädigungen äußert.
  • Alzheimer: eine randomisierte Untersuchung (RCT) für 4 Monate mit täglich 60 Tropfen Salbeitinktur (1 kg trockene Blätter auf 1 l 45% Alkohol) weist auf eine signifikante Verbesserung bei Patienten mit einer leichten bis mäßigen Form der Alzheimer Krankheit im Vergleich zur Kontrollgruppe hin.

    Stärkung des Gedächtnisses und Reduzierung der Stressperzeption: Ein RCT mit gesunden jungen Erwachsenen weist auf Gedächtnis stärkende, Angst reduzierende und Stimmung verbessernde Eigenschaften bei einer einmaligen Dosis von 300 und 600 mg Salbeiextrakt vor den Tests. Auf Basis dieser Ergebnisse ist Salbeiextrakt möglicherweise eine Hilfe zur Verbesserung von Studien- und Examensleistungen und sonstigen stressvollen Bedingungen.

    Beschwerden in der Menopause: In einer Studie mit einem Extraktmix aus Salvia officinalis und Alfalfa unter 30 Frauen in der Menopause mit neurovegetativen Beschwerden wie Hitzewallungen und Nachtschweiß waren letztendlich 20 Frauen beschwerdefrei. Die Kontrolle bei einigen Frauen wies auf eine Zunahme von Prolactin und einer größere Reaktion von TSH (Thyroid stimulierendes Hormon) auf TRH (Thyrotropin releasing Hormon). Die Forscher stellten fest, dass der Extrakt einen leichten zentralen antidopaminergen Effekt hat und effektiv für die Behandlung von menopausalen Beschwerden ist.

    Metabolisches Syndrom und Prädiabetes: Forscher entdeckten mittels in-vitro Untersuchung einen metforminartigen und TZD-artigen (TZD;Thiazolidindion) Effekt von Salvia officinalis. Da Metformin und TZD, letzteres auch als Glitazon bekannt, zur Gruppe der Diabetesmedikamente gehören, suggerieren die Forscher, dass Salvia officinalis möglicherweise ein neues Mittel zur Behandlung metabolischer Störungen wie das Metabolische Syndrom und Prädiabetes sein kann.

    Akute virale Halsentzündung: Ein RCT mit flüssigem Salbeiextrakt als Spray reduziert Halsschmerzen. Traditionell wurde Salbeitinktur mit etwas Wasser als Gurgeltrank bei Mund- und Halsentzündungen benutzt. Ein anderes RCT belegte einen gleichwertigen Effekt eines Salvia-Echinacea-Spray im Vergleich zu einem Lidocain-Chlorhexidin-Spray. Die Anwendung bestand aus 2 Pumpstößen alle 2 Stunden mit einer Höchstdosierung von 10 pro Tag, bis die Versuchspersonen symptomfrei waren, aber begrenzt auf ein Maximum von 5 Tage. Als eine positive Reaktion auf die Applikation wurde ein Kriterium von 50 % Symptomreduktion in 3 Tagen gehandhabt.

    Lippenherpes: Ein Placebo kontrollierter RCT verglich den Effekt einer Crème mit einem Rhabarbar-Extrakt (23 mg/g alkoholisches Rhabarbar-Extrakt und 23 mg/g Wasser Salbei-Extrakt), Salbei-Extrakt und Acyclovir (50 mg/g; Zovirax ®). Die Resultate wiesen auf eine gleichwertige Effektivität von Zovirax und die Rhabarbar-Salbei-Crème. Die Salbeicreme war etwas weniger effektiv und die Heilung der Lippenherpes dauerte circa 7,5 Tage im Vergleich zu 6,5 Tagen bei den anderen Crèmes. Eine früher ausgeführte Pilotstudie hatte bereits belegt, dass eine Crème mit ausschließlich Rhabarbar-Extrakt bei der Behandlung einer Lippenherpes nicht effektiv war, was die Schlussfolgerung nahe legt, dass Rhabarbar den Effekt von Salbei potentiert.
     
  • Es gibt bisher relativ wenig gute, kontrollierte Untersuchungen hinsichtlich der Interaktionen mit Salvia-officinalis-Präparaten. Dies bedeutet nicht, dass es keine Interaktionen gibt; auf Basis der in-vitro-Eigenschaften und der spärlichen Untersuchungsresultate, die vorliegen, scheint Vorsicht geboten bei kombinierter Anwendung von Blutzucker reduzierender Medikamente, Benzodiazepinen, Cholesterasehemmern, Entzündungshemmern (NSAID) und eventuell auch mit Schilddrüsenhormonen. Salvia könnte theoretisch die Wirkung dieser Arzneien verstärken. Die Literatur gibt an, dass eine orale Nutzung rein ätherischer Öle aus Salbei bei einer hohen Dosierung von mehr als zwanzig Tropfen einen epileptischen Anfall verursachen kann. Es muss also sorgfältig dosiert werden, um eine unerwünschte Interaktion zwischen Salvia officinalis-Präparaten und Anti-Epileptika zu vermeiden.

    Nur in-vitro wurde festgestellt, dass Salvia das Zytochrom P450-Enzym CYP3A4 in den Därmen hemmt. Es ist schwierig vorauszusehen, welche Konsequenzen  dies demzufolge in-vivo haben könnte. Allerdings wissen wir, dass ungefähr die Hälfte aller Arzneien über diesen Weg metabolisiert wird. Bekannt ist außerdem, dass Grapefruit ebenfalls CYP3A4 hemmt und dass Konsum von Grapefruit(Saft) die Plasmawerte von Medikamenten sehr hoch ansteigen lassen kann. Zu diesen Arzneien, die durch CYP3A4 metabolisiert werden, gehören zum Beispiel Paracetamol, Codein, Diazepam, Buspiron, Ciclosporin, Kalzium-Antagonisten wie Nifedipin (Adalat) und Statine wie Lovastatine und Simvastatine. Kurzum, auf Basis der in-vitro Befunde für Salvia officinalis besteht Veranlassung, vorsichtig im Umgang mit Salvia-officinalis-Präparaten und vorgenannten Arzneien umzugehen aufgrund der angenommenen Interaktionen. Es bestehen aber auch Medikamente, die, genau wie Grapefruit, die CYP3A4-Route hemmen, wie z.B. Erytromycine, Fluconazol, Saquinavir, Verapamil und Diltiazem, wodurch der Gebrauch in Kombination mit Grapefruit und dementsprechend eventuell auch mit Salvia officinalis-Präparaten, eine Verstärkung anderer Medikamente bewirken kann, die normalerweise über CYP3A4 abgebaut werden.