Flavonoide

  • Der Begriff Flavonoide (oder auch Bioflavonoide genannt) steht für eine umfangreiche Gruppe sekundärer Pflanzenstoffe, die als Pigmente in hohem Mass an den leuchtenden Farben vieler Früchte, Gemüse und Blumen, aber auch an den Herbstfarben der Blätter beitragen. Sie spielen beim Pflanzenstoffwechsel eine wichtige Rolle, unter anderem als Wachstumsregulatoren und beim Schutz gegen ultraviolettes Licht, Oxidation und Hitze. Wegen ihres bitteren Geschmacks tragen sie dazu bei, Insekten abzuschrecken. Im umgekehrten Fall helfen sie auch bei der Bestäubung, indem sie über die leuchtenden Farben gerade bestimmte Insekten anlocken.

    Flavonoide wurden von Albert Szent-Györgyi, einem der bedeutendsten Chemiker zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, entdeckt. 1937 erhielt er den Nobelpreis für seine Entdeckung und Beschreibung von Vitamin C. Es war während des Isolationsprozesses von Vitamin C, dass Szent-Györgyi die Flavonoiden entdeckte [1].

    Die Bezeichnung ‘Bioflavonoide’ oder ‘Flavonoide’ wurde zum ersten Mal 1952 von den deutschen Forschern Geissmann und Hinreiner verwendet. Sie standen auch an der Basis des Klassifizierungssystems nach dem Strukturprinzip des ‘Kerns’ der Flavonoiden-Basisstruktur: dem sauerstoffhaltigen Pyranring. Mehr als fünftausend natürlich vorkommende Flavonoide wurden mittlerweise aus verschiedenen Pflanzen isoliert [2]. Flavonoide bilden innerhalb der Polyphenole die grösste Gruppe (mehr als achttausend Polyphenole sind bekannt) [2-4].

    Quellen und Mängel
    Fast alle Früchte, Gemüse, Kräuter (einschliesslich Ginkgo) und Gewürze enthalten Flavonoide. Flavonoide kommen auch in anderen Lebensmitteln wie getrockneten Bohnen (hier ausschlaggebend für die Farbe der roten und schwarzen Bohnen) und Getreide vor (dessen Farbe durch die Flavonoide meistens gelb ist). Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die farbreichsten Komponenten der Nahrung wie Obstschalen die höchsten Konzentrationen Flavonoide enthalten. Eine Ausnahme bildet die weisse Schicht zwischen Fruchtfleisch und Schale bei Zitrusfrüchten, die sehr reich an Bioflavonoiden ist, während die Schale und das Fruchtfleisch selbst viel niedrigere Konzentrationen enthalten. Faktoren, die zu einem Mangel an Flavonoiden beitragen sind unzureichende Einnahme von Obst und Gemüse, ebenso wie der routinemässige Konsum von industriell verarbeitetem Gemüse und Obst. Symptome, die auf eine unzureichende Einnahme von Flavonoiden hinweisen können sind: Neigung zu raschem Bluten (Zahnfleisch, Nase), leicht Bildung blauer Flecken, die sich nur langsam wieder zurückbilden sowie schnelles Anschwellen nach Verletzungen. Auch Immunschwäche, die sich durch häufige Erkältungen oder andere Infektionen äussert, kann auf einen Mangel hinweisen.

    Struktur, Nomenklatur und Einteilung
    Es gibt sehr viele Arten von Flavonoiden. Alle Flavonoide weisen dieselbe charakteristische, chemische Basisstruktur auf: Zwei aromatische Ringe (A und B) an beiden Seiten eines sauerstoffhaltigen Pyranringes (C-Ring). Da immer eine Phenolgruppe mit einem der Benzenringe verbunden ist, gehören Flavonoide gemeinsam mit den Phenolsäuren und den nicht-flavonoiden Polyphenolen zu der grossen Gruppe der Polyphenole.

    Man kann sechs Subklassen unterscheiden, in denen viele verschiedene, individuelle Verbindungen vorkommen. Diese Verbindungen unterscheiden sich durch die Anzahl der Hydroxylgruppen sowie deren Anordnung untereinander, ebenso durch das Ausmass, in dem sie ‘besetzt’ sind und der dreidimensionalen Anordnung davon. Dies hat zur Folge, dass es eine Vielzahl von Flavonoiden oft mit verschiedenen biochemischen und physiologischen Eigenschaften gibt [3,4].

    Flavonoide kommen in der Natur meistens in Form von Glycosiden vor, was bedeutet, dass sie mit Zuckermolekülen wie Glucose, Rhamnose und Arabinose verbunden sind. Flavanole (Catechine und Proanthocyanidine) sind hiervon die einzige Ausnahme, sie sind nicht an Zuckermoleküle gebunden (Aglykon) [5].

    Flavone
    Flavone sind weit weniger verbreitet als Flavonole in Obst und Gemüse. Flavone in der Nahrung bestehen fast immer aus Glycosiden von Luteolin und Apigenin. Petersilie und Sellerie sind die einzigen relevanten, essbaren Quellen von Flavonen, die bis jetzt bekannt sind [6-8].
     
    Flavonole
    Flavonole, insbesondere Quercetin, aber auch Kaempferol, Myricetin, Fisetin, Isorhamnetin, Pachypodol, Rhamnazin, sind im Pflanzenreich weit verbreitet. Dennoch ist die Menge in der Nahrung oft sehr niedrig. Die tägliche Einnahme von Flavonolen wird auf nur 20–35 mg pro Tag geschätzt. Die reichsten Quellen sind Zwiebeln (bis 1,2 g/kg), Grünkohl, Lauch, Brokkoli und Heidelbeeren.
    Flavonole sind in glykosylierter Form in der Nahrung vorhanden. Die assoziierte Zuckergruppe ist häufig Glucose oder Rhamnose, aber auch andere Zucker (beispielsweise Galactose, Arabinose, Xylose, Glucuronsäure) können eine Rolle spielen. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind Quercetin und Kaempferol.
    Quercetin ist wahrscheinlich das am weitesten verbreitete Flavonoid. Es kommt in häufig konsumierten Lebensmitteln wie Äpfeln, Zwiebeln, Tee, Beeren, Kohlarten, aber auch in vielen Samen, Nüssen, Blüten, Rinde und Blättern, roten Trauben, Himbeeren, grünem Tee und Knoblauch vor. Viele Heilpflanzen verdanken einen grossen Teil ihrer Aktivität dem hohen Quercetingehalt. Quercetin ist ein Aglykon, Rutin ist das Glycosid (mit Rutinose). In Nahrungsergänzungsmitteln ist die Gruppe der Flavonole durch Quercetin oder Rutin vertreten, aber auch in Form von Extrakten von Heilpflanzen wie Ginkgo biloba. Auch Silymarin, eine Mischung von Flavonolignanen aus Silybum marianum (Mariendistel) gehört zu dieser Gruppe, ebenso wie das Phloridzin in Äpfeln.

    Isoflavone
    Isoflavone werden aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit Östrogen auch als Pflanzenhormone oder Phytoöstrogene bezeichnet. Obwohl sie keine Steroide sind, haben sie in Position 7 und 4 Hydroxylgruppen in einer Konfiguration, die mit der Hydroxylgruppe im Östradiolmolekül identisch ist. Dies gibt ihnen die Fähigkeit, sich an Östrogenrezeptoren zu binden. Isoflavone kommen nur in Hülsenfrüchten vor und hier insbesondere in Sojabohnen. Die drei wichtigsten Isoflavone sind Genistein, Daidzein und Glycitein. Sie kommen als Aglykon oder als Glycosid vor, abhängig von der Sojazubereitung. Die Wissenschaftler sind sich noch nicht einig, in welcher dieser Formen die biologische Verfügbarkeit am besten ist [9].

    Flavanone
    Die Gruppe der Flavanone ist eine relativ kleine Gruppe Flavonoide, die nur in Zitrusfrüchten in hohen Konzentrationen vorhanden sind. Hier kommen sie in glykosylierter Form vor wie beispielsweise Hesperidin in Orangen (Glycosid von Hesperetin), Naringenin in Grapefruit (Glycosid von Naringin), Eriodictyol in Zitronen (Glycosid von Eriocitrin). Tomaten können eine geringe Menge Flavanone enthalten, ebenso aromatische Pflanzen wie Minze. In Nahrungsergänzungsmitteln kommt diese Gruppe Flavonoide in Form von ‘Zitrusbioflavonoiden’ zurück.

    Anthocyane
    Die Gruppe der Anthocyane sind Pigmente, die für die rosa, rote, blaue oder lila Farbe bestimmter Nahrungsmittel verantwortlich sind. In der Regel entspricht die Farbintensität dem Anthocyan-Gehalt, der mit dem Reifen der Frucht zunimmt. In Lebensmitteln kommen Anthocyane in Rotwein, bestimmten Getreidesorten und manchen Gemüsen (Auberginen, Kohl, Bohnen, Zwiebeln, Radieschen), am häufigsten aber in Obst vor. Wein enthält 200–350 mg Anthocyane pro Liter, und diese Anthocyane werden bei der Reifung des Weins in verschiedene, komplexe Verbindungen umgesetzt [10,11]. In Nahrungsergänzungsmitteln sind die Anthocyane in den Extrakten von Vaccinium myrtillus (Heidelbeere), Rubus fruticosus (Brombeere), Rubus idaeus (Himbeere), Ribes nigrum (Schwarze Johannisbeere) und Sambucus nigra (Holunder) am stärksten konzentriert.

    Flavanole
    Im Gegensatz zu anderen Klassen von Flavonoiden kommen Flavanole in Nahrungsmitteln unglykosyliert vor.
    Flavanole kommen oft in Kombination mit organischen Säuren, hauptsächlich mit Gallussäure als Flavanol-Gallatester vor. Kakao ist eine reiche Quelle der Flavanole. Allerdings entfernen viele Schokoladehersteller die Flavanole, weil sie bitter schmecken. Konsumenten sind sich dessen nicht bewusst, da derartige Informationen nicht auf dem Etikett angegeben werden müssen [12].
    Alle Flavanole bestehen aus einer oder mehreren der Flavan-3-ole Einheiten. Eine übliche Unterteilung dieser Gruppe ist die folgende:
    • Monomere: Es gibt zwei Stereo-Isomere von Flavan-3-ol: Catechin und Epicatechin. Catechine werden in verschiedenen Früchten (vor allem in frischen Aprikosen) gefunden. Auch kommen sie in Rotwein vor, aber grüner Tee und Kakao sind bei weitem die reichsten Quellen [13,14]. Auch Heilpflanzen wie beispielsweise Camellia sinensis (Grüner Tee) können reich an Catechinen sein. In Nahrungsergänzungsmitteln sind die drei zuletzt genannten Quellen daher auch die besten Quellen für diese Gruppe der Flavonoide.
    • Di- und Trimere: Das sind oligomere Proanthocyanidine (OPC), die (unter anderem in Frankreich) auch Procyanidine genannt werden. Die Gruppe der (oligomeren) Proanthocyanidine ist eine der wichtigsten Gruppe von Flavonoiden in Pflanzen. Es ist ein Gemisch von Dimeren und Trimeren von Catechinen und Epicatechinen, die in unterschiedlicher Weise aneinander verbunden sein können, wodurch es sehr viele Varianten gibt. OPC kommt hauptsächlich in Beeren (Blaubeeren, Apfelbeeren (Aronia), Cranberrys), Traubenschalen und –kernen, Granatapfel und in dunkler Schokolade vor. In Nahrungsergänzungsmitteln sind Traubenkerne eine gute OPC-Quelle. Pycnogenol ist ein eingetragenes Warenzeichen eines OPC-Produktes, das aus der Rinde der Strandkiefer (Pinus pinaster) extrahiert wird. Pycnogenol enthält etwas weniger Procyanidine als Traubenkerne.

    Proanthocyanidine dürfen nicht mit den oben genannten Anthocyanen verwechselt werden. Sie können jedoch enzymatisch ineinander umgesetzt werden, wobei eine Rotfärbung auftritt: '''PRO'''anthocyani'''DI'''ne (farblos) ---> Anthocyane (rot). Diese Umwandlung ist beispielsweise für das Verfärben der Baumblätter im Herbst mit verantwortlich.
    • Tetramere und höher: Polymere Proanthocyanidine (Tannine). Tannine kommen vielfach in Lebensmitteln, unter anderem in Tee, Kakao, Kaffee, Obst, Fruchtsaft, Rotwein, Essig und Gemüse vor. Wenn Tannine mit der Schleimhaut in Kontakt kommen, bilden sie Proteinkomplexe (crosslinking) sowohl im Speichel selbst als auch in den Epithelzellen der Mukosa. Die Schleimhaut wird dann robuster und weniger durchlässig. Dieser Mechanismus liegt dem adstringierenden Charakter von Obst (u.a. Traube, Pfirsich, Kaki, Apfel, Birne und Beeren) sowie Getränken (u.a. Wein, Apfelwein, Tee, Bier) sowie dem bitteren Geschmack von Schokolade zugrunde [15]. Diese adstringierende Wirkung verändert sich beim Reifen der Frucht und auch von Getränken wie Wein und Apfelwein und vergeht, wenn die Frucht ausgereift ist [16]. Da Tannine grosse, polare Moleküle sind, werden sie schlecht über die Haut oder im Magen-Darm-Kanal absorbiert. Die pharmakologischen Wirkungen der Tannine sind somit auch grösstenteils durch die lokalen Effekte auf diese Organe, wie die adstringierende Wirkung im Lumen des Magen-Darm-Kanals zu erklären. Obwohl Tannine teilweise auch in ihre Monomere und Oligomere aufgelöst werden können.
  • Früher ging man davon aus, dass Flavonoide nur geringfügig im Magen-Darm-Kanal aufgenommen werden, weil die meisten Flavonoide in der Nahrung Glycoside sind (also an einen Zucker gebunden). Lange wurde angenommen, dass im Magen-Darm-Kanal keine Enzyme freigesetzt werden, die die Glycosidverbindung spalten könnten und galt die Auffassung, dass nur die Aglykone aus dem Magen-Darm-Kanal im Blut aufgenommen werden. Die biologische Verfügbarkeit von Flavonoiden in der Nahrung scheint jedoch viel grösser zu sein als zunächst angenommen. Selbst nach dem Kochen erreichen die meisten Flavonoidenglycoside den Dünndarm intakt. Nur Flavonoid-Aglykone und Flavonoid- Glucoside (gebunden an Glucose) werden im Dünndarm absorbiert, wo sie schnell metabolisiert werden, um methylierte, glucuronidierte oder sulfierte Metaboliten zu bilden [17], die übrigen Flavonoide gehen weiter ins Colon. Probiotische Bakterien spielen im Stoffwechsel und der Absorption von Flavonoiden eine wichtige Rolle. Flavonoide oder deren Metaboliten, die das Colon erreichen, werden durch bakterielle Enzyme metabolisiert und dann absorbiert. Die Fähigkeit eines Menschen, um spezifische Flavonoide zu metabolisieren und zu absorbieren hängt demnach von der mikrobiellen Flora dieser Person ab [18,19]. Traditionelle Sojaprodukte wie Miso und Tempeh sind bereits beim Konsum fermentiert, das in der Hydrolyse von Glycosiden in Aglykone resultiert. Hierdurch nimmt die Bioverfügbarkeit zu. Darüber hinaus wurden kürzlich spezielle Transportmechanismen entdeckt, die Flavonoide aus dem Darm ins Blut transportieren.

    Bei der Beschreibung der Eigenschaften von Flavonoiden ist es verlockend, um auf einige charakteristische Eigenschaften bestimmter individueller Flavonoide oder Untergruppen einzugehen. Wegen der enormen Anzahl von Flavonoiden und der mannigfaltigen Eigenschaften ist dies nicht möglich. Daher konzentriert sich diese Monographie auf einige charakteristische Eigenschaften von Flavonoiden als Gruppe. Es sei darauf hingewiesen, dass nachstehende Eigenschaften nicht unbedingt für alle Flavonoide gelten, wohl aber für Flavonoide in einem Flavonoiden-Komplex:

    • Antioxidative Aktivität: Flavonoide haben (in vitro) eine direkte antioxidative Wirkung, die viel stärker als die von anderen Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E oder Glutathion ist. Diese antioxidative Wirkung hängt wahrscheinlich mit ihrer Polyphenolstruktur zusammen [20,21]. Allerdings ist es noch Gegenstand der wissenschaftlichen Debatte, inwieweit diese starke antioxidative Kapazität im Körper eine Rolle spielt [22,23]. Ein bekanntes Mass für die antioxidative Kapazität ist der ORAC-Wert (siehe Übersicht).

    ORAC (Oxygen Radical Absorbance Capacity) ist ein In-vitro-Test, um die antioxidative Kapazität von Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vergleichen zu können. Der ORAC-Wert gibt eine Vorstellung vom Ausmass, in dem ein Nahrungsmittel in der Lage ist, freie Radikale unschädlich zu machen. Der ORAC-Wert kann im Fettbestandteil (lipophil) oder im Wasserbestandteil (hydrophil) gemessen werden. Die Summe von beiden kommt der antioxidativen Kapazität am nächsten. Häufig wird auch nur die hydrophile Komponente bestimmt (wo dies der Fall ist, wird es nachstehend angegeben). Die ORAC-Werte können angewendet werden, um Produkte zu selektieren, die entscheidend zur antioxidativen Kapazität des Körpers beitragen.

    Einige typische ORAC-Werte:
    • Heidelbeeren 6552 umol TE/100 g (H & L)
    • Pflaumen 6259 umol TE/100 g (H & L)
    • Schwarze Johannisbeeren 5347 umol TE/100 g (H & L)
    • Himbeeren 4882 umol TE/100 g (H & L)
    • Erdbeeren 3577 umol TE/100 g (H & L)
    • Kirschen 3365 umol TE/100 g (H & L)
    • Brokkoli (roh) 3083 umol TE/100 g (H & L)
    • Rosinen 3037 umol TE/100 g (H & L)
    • Orangen 1819 umol TE/100 g (H & L)
    • Spinat (roh) 1515 umol TE/100 g (H & L)
    • Alfalfa 1510 umol TE/100 g (nur H)
    • Rote Trauben 1260 umol TE/100 g (nur H)
    • Zwiebeln (roh) 1034 umol TE/100 g (H & L)
    • Auberginen 933 umol TE/100 g (H & L)
    • Möhren 666 umol TE/100 g (H & L)
    • Kürbis 483 umol TE/100 g (H & L)
    • Blumenkohl 620 umol TE/100 g (nur H)  

    Quelle: Agricultural Research Service (ARS) 2007

    • Schutz der Kapillaren oder Haargefässe, blutstillende (antihemorrhagische) Wirkung: Viele Flavonoide verstärken die Gefässwände. Erhöhte Neigung zu Blutungen ist ein charakteristisches Merkmal für einen Mangel an Flavonoiden.
    • Chelatierung von Metallen: Metall-Ione wie Eisen und Kupfer können die Produktion von freien Radikalen katalysieren. Die Fähigkeit von Flavonoiden, um Metall-Ione zu binden (chelieren) scheint in vitro an ihrer antioxidativen Wirkung beizutragen [24]. Es ist noch fraglich, ob dies auch in vivo der Fall ist, da bei den meisten Lebewesen Kupfer und Eisen an Proteine gebunden sind. Dies schränkt die Möglichkeiten zur Beteiligung an Reaktionen, die freie Radikale produzieren, ein [23].
    • Beeinflusst Zellwachstum und Zellproliferation: Zellwachstum und –proliferation werden durch Wachstumsfaktoren reguliert, die in der Zelle eine Kaskade von Ereignissen in Gang setzen, wenn ein Wachstumsfaktor an einen spezifischen Rezeptor in der Zellmembran andockt. Verschiedene In-vitro-Studien weisen darauf hin, dass Flavonoide Zellwachstum und –proliferation durch Hemmung der Phosphorylierung des Rezeptors beeinflussen können, oder es sogar vollständig blockieren [25-27].
    • Einfluss auf die Genexpression: Flavonoide haben eine regulierende Wirkung auf die Genexpression. Je nachdem, ob bestimmte Signalproteine phosphoryliert werden oder nicht, können Flavonoide (über Kinasen) schliesslich die Aktivität von Transkriptionsfaktoren beeinflussen. Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die die Expression von verschiedenen Genen regulieren. Auf diese Weise spielen Flavonoide bei verschiedenen, wichtigen Prozessen in der Zelle wie Wachstum, Proliferation und Apoptose (Zelltod) eine Rolle [3,4].
    • Antibakterielle und antivirale Wirkung: In einigen Fällen können Flavonoide direkt als Antibiotikum wirken, indem sie die Funktion von Mikroorganismen wie Viren und Bakterien stören. Die Procyanidine in Vaccinium myrtillus (Heidelbeere) und Cranberry (Preiselbeere) hemmen die Wirkung von Bakterien, die Harnwegsinfektionen verursachen. Auch ist von verschiedenen Flavanolen aus grünem Tee eine Wirkung gegen Grippeviren nachgewiesen [3,4].
    • Anti-Histamin-Wirkung: Flavonoide haben eine hemmende Wirkung auf die Freisetzung von Histamin [28].
  • Wegen der enormen Anzahl von Flavonoiden und ihren unterschiedlichen Eigenschaften gibt es sehr viele Indikationen, bei denen bestimmte Flavonoide (Untergruppen) eingesetzt werden können. In diesem Rahmen werde ich mich auf die Anwendbarkeit von Flavonoiden als Gruppe beschränken [3,4]:
    • Neigung zu Blutungen (Zahnfleisch, Nase)
    • Immunschwäche
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    • Allergische Erkrankungen
    Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei der Verwendung von individuellen Flavonoiden (-gruppen) obige Übersicht nicht zutrifft.
  • Von einer hohen Einnahme von Flavonoiden aus Obst und Gemüse sind keine negativen Folgen bekannt. Dies kann durch die relativ niedrige biologische Verfügbarkeit und den schnellen Metabolismus und Eliminierung der meisten Flavonoide bedingt sein. Über die Sicherheit während der Schwangerschaft und Stillzeit sind keine Daten bekannt.
  • Aufgrund der grossen Vielfalt an Substanzen, die Teil der Flavonoiden-Gruppe sind, ist es schwierig, um zu einer allgemein gültigen Aussage über die Sicherheit von Flavonoiden zu kommen. Dennoch können selbst bei extrem hohen Dosierungen von Flavonoiden (140 Gramm pro Tag) keine negativen Folgen konstatiert werden. Auch bei der Einnahme von hohen Dosen an Flavonoiden während der Schwangerschaft konnten keine negativen Effekte festgestellt werden.
  • Der Einfluss von Medikamenten auf den Flavonoid-Status ist noch kaum oder gar nicht untersucht. Umgekehrt ist allerdings das eine oder andere bekannt: Eine Reihe von Flavonoiden in Grapefruitsaft (Naringin und Quercetin) hemmen das Cytochrom P450-Enzym (CYP) 3A4 [29]. Hemmung dieses Enzyms erhöht die biologische Verfügbarkeit und das Risiko der Intoxikation für viele Medikamente. Hemmung von CYP 3A4 geschieht bereits bei einem Glas (200 ml) Grapefruitsaft. Allerdings sind es nicht nur die Flavonoide, die dieses Enzym hemmen, sondern (vor allem) auch die Furanocumarine in Grapefruitsaft.
  • Aufgrund unterschiedlicher Auffassungen darüber, was zuverlässige Messmethoden für Flavonoide sind, gibt es derzeit nur wenige verlässliche Zahlen über die Einnahme von Flavonoiden. Für die Niederlande gelten die Angaben von Hertog und Kollegen als zuverlässig [30]. Sie kamen zu der Schlussfolgerung, dass man täglich im Durchschnitt etwa 23 mg aufnimmt, während es ratsam wäre, pro Tag mindestens 100 mg einzunehmen [30]. Pro Person kann die Einnahme von Flavonoiden stark variieren, abhängig vom Konsum wichtiger Quellen wie (grüner und weisser) Tee, Trauben, Rotwein, Beeren, Zitrusfrüchten, Hülsenfrüchten [31], Kakao (Schokoladeprodukte mit einem Kakaoanteil von 70% oder mehr), Äpfel und Zwiebeln [17,32]

  • Was Szent-Györgyi bereits dachte, wird jetzt durch wissenschaftliche Forschung bestätigt: Es besteht eine synergistische Beziehung zwischen Flavonoiden und Vitamin C, jeder verbessert die antioxidative Kapazität des anderen. Ausserdem hat sich gezeigt, dass für viele der Vitaminfunktionen von Vitamin C das Vorhandensein von Flavonoiden notwendig ist.
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